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Das letzte Hemd hat keine Taschen

oder wie die Sprache mit Tod und Sterben umgeht

Bild: Totengräber um 1860

Das Handwerkzeug des Totengräbers, die Schaufel (Schippe) ist der Hintergrund des Ausdrucks "Dem Tod von der Schippe springen", diesmal den Tod nicht zu brauchen.

„Der Tod wird verdrängt.“ Ein Satz, der heute nur allzu oft zu hören ist. Tatsächlich wird der Tod jedoch nicht verdrängt, sondern – da er nicht mit den gängigen Lebenserfahrungen vereinbar ist – aus dem Leben ausgegrenzt. Dies zeigt sich besonders im sprachlichen Bereich, in dem Tod und Sterben auf die unterschiedlichsten Arten umschrieben werden können:

„Jemand ist sanft entschlafen“ tradiert die antike Vorstellung vom Schlaf als dem kleinen Bruder des Todes und versucht gleichzeitig ein friedliches Bild zu zeichnen. Bildhafte, symbolische Umschreibungen versuchen der Unbegreiflichkeit des Lebensendes und dem damit verbundenen Abschiedsschmerz die Schärfe zu nehmen.

Wo die Lebensweisheit („Der Tod ist sicher, die Stunde ist ungewiss.“) versagt, springen Witz, Verniedlichung, Verharmlosung, Umschreibung und oft auch Derbheit ein. („Nichts ist umsonst, selbst der Tod kostet das Leben.“ / „Jemand sieht aus, wie eine Leiche auf Reisen.“ / „Totgesagte leben länger.“ / „Sein letztes Stündlein ist gekommen.“ / „Er ist dem Tod von der Schippe gesprungen.“ / „Er hat das Leben ausgehaucht.“ / „Ihm wurde das Lebenslicht ausgeblasen.“ / „Er hat ins Gras gebissen.“ / „Er hat den Löffel abgegeben.“)

Die Ernsthaftigkeit des Themas findet sich in Situationen wieder, die mit Tod und Sterben nicht zwangsläufig etwas zu tun haben, aber eine höchst mögliche Steigerungsform zum Ausdruck bringen wollen, wie z. B. todchick oder todsicher, todmüde, todkrank, totlachen, totarbeiten, totärgern, todesmutig.

Bildhaft verpackte Lebenserfahrungen verbergen sich hingegen in Sprüchen wie: „Das letzte Hemd hat keine Taschen.“ (Man kann seine Reichtümer nicht mitnehmen.), „Der Mensch stirbt viele kleine Tode.“ (Es ist die Summe des Lebens, die letztlich zum Tod führt.), „Einen Tod muss man leiden.“ (Irgendeine Entscheidung muss fallen.).

Und wenn jemand bis zum Jüngsten Tag (das christliche Jüngste Gericht) auf etwas wartet oder mit einer Leichenbittermiene (Der Leichenbitter hat früher die Todesnachricht verbreitet) herumgeht, so sind auch dies Umschreibungen, die in Anlehnung an das sepulkrale Umfeld entstanden sind.

Mit freundlicher Unterstützung des Museum für Bestattungskultur in Kassel,
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